https://norden.social/@zebrastreifen/109768374878552032
Auflösung, was viele hier wussten oder richtig geraten haben: Bis 1980 galt es in Japan nur dann als "Verkehrstod", wenn jemand innerhalb von 24 Stunden nach Unfall verstarb. In dem Jahr folgte die Umstellung auf 30 Tage, die zumindest in Europa und Nordamerika üblich sind.
Ein (hoffentlich) nicht zu langer zu Unfallstatistiken.
Innerhalb der EU lassen sich Statistiken gut vergleichen, aber darüber hinaus wäre ich immer vorsichtig, da es noch weitere Abweichungen in der Erhebung geben kann, u.a. im Kfz ertrinken oder verbrennen, gesundheitliche Gründe (z.B. Schlaganfall), Suizid, Amokfahrt, ...
Heißt aber auch: wenn jemand bspw. über 30 Tage im Koma liegt und dann leider verstirbt, fällt es auch bei uns aus der Statistik heraus.
Persönlich bin ich immer zurückhaltend, wenn Städte oder Länder in Unfall-Rankings verglichen werden, da es je Parameter viel Spielraum gibt.
Setzt man die Unfallzahl ins Verhältnis zur Bevölkerung, zur Netzgröße, zu Fahrzeug- oder zu Personenkilometer? Aufteilung Pkw/Lkw/Rad/Fuß?
Pickt man nur bestimmte Regionen heraus, könnte man bspw. mono- bzw. scheinkausal einen Zusammenhang zwischen Fahrzeugfarben und Unfallwahrscheinlichkeit aufstellen.
Vor einigen Monaten geisterte eine Grafik durch soziale Medien, wo Deutschland mit drei, vier anderen EU-Staaten verglichen wurde, um zu zeigen, dass ein Tempolimit auf Autobahnen nichts bringt oder gar gefährlicher ist. Politisch und medial schön knackig. Wissenschaftlich eher wertlos.
Nicht nur die willkürliche Auswahl (Staaten mit weniger Unfällen weglassen) macht mir da Bauchschmerzen, sondern das völlige Fehlen einer Differenzierung.
Welche der Unfälle passierten in den Ländern überhaupt auf Autobahnen mit/ohne TL statt z.B. Land- und Stadtstraßen?
Was waren die Unfallursachen? Wie ist der Zustand von Autobahnen und dem Rettungs- sowie Gesundheitssystem? Und wie der Fahrzeuge und ihrer Überwachung? Anforderungen an Führerscheine, Kontrollen, Bußgelder usw. usf.? Sind bergige und flache Regionen gleich? Oder Besiedelung?
Das könnte man so noch lange fortführen, aber ich belasse es dabei als kleine Anregung.
Interessanter ist vielleicht die Frage, wie denn nun verkehrliche Maßnahmen, die z.B. statt Tempolimit auch einen Umbau einer Straße bedeuten kann, auf ihre Wirksamkeit untersuchen lässt.
Vereinfacht gesagt gibt's zwei Möglichkeiten:
Zum einen über Modellierungen und Simulierungen mit gängigen Methoden und Werten aus der Forschung.
Zum anderen mit einem Vorher-Nachher-Vergleich auf einem betroffenen Abschnitt. Und der ist auch nicht so einfach und sollte möglichst über mehrere Jahre erfolgen und besondere Ereignisse ggf. filtern, z.B. Baustellen, Gesetzänderungen, Glatteis, Umleitungen, Aufkommen, Sensorik...
Oder ein Lockdown. Weniger Verkehrsteilnehmer, so banal es klingt, heißt weniger Unfälle, egal welches Verkehrsmittel.
Hieß übrigens auch pünktlichere Busse und Bahnen im ÖPNV, da -- ich mache mich als Planer mal beliebt -- ein Störfaktor abnahm.
Aber mit Pünktlichkeits- oder Staustatistik, wo es auch gewisse Vergleiche gibt, blähe ich den nicht auch noch auf.
Eine Kleinigkeit doch noch: für Verkehrswissenschaftler ist die Sache ja klar. Aber ob man ein Tempolimit einführt und wenn ja, welches, ist für mich auch eine gesellschaftliche Frage.
Wenn jemand bspw. einfach gerne schnell fährt, find ich das erstmal völlig legitim.
Die Kosten muss letztendlich die Politik abwägen/entscheiden. Rein nach wiss. Erkenntnissen würde man wohl einiges gesetzlich unterbinden.
Alkohol, Tabak z.B. richten bekanntlich auch Schäden an. Aber es gibt Gründe gegen Verbote, auch wenn man sie nicht teilen muss.